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35 Jahre Tschernobyl

Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl gilt als einer der größten Unfälle in der Geschichte der Atomenergie: Vor 35 Jahren, am 26. April 1986 trat in dem ukrainischen Atomkraftwerk der GAU ein. In dem Reaktor-Block 4 des Kraftwerks kam es zu einer vollständigen Kernschmelze, durch die erhebliche Mengen von radioaktiven Stoffen freigesetzt wurden.
25 Jahre nach dem Unglück von Tschernobyl kam es am 11. März 2011 ausgelöst durch ein Erdbeben in dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima zu einer weiteren folgenschweren Reaktorkatastrophe bei der ebenfalls eine große Menge an Radioaktivität freigesetzt wurde. Die Jahrestage bieten – nicht zuletzt vor der sich gerade wieder entzündenden Debatte um die Vor- und Nachteile der Atomkraft - einen guten Anlass, das Thema Atomenergie aktuell im Unterricht zu behandeln und z. B. mit Aspekten des Klimawandels, der Globalisierung oder den Möglichkeiten von gesellschaftlicher Partizipation zu verknüpfen. In unserem Top-Thema finden Sie insbesondere zu dem Unglück von Tschernobyl Stundenvorschläge sowie weiterführende Links und Informationen.

Stundenvorschläge

Alle hier abgebildeten Stunden wurden im Rahmen des Arbeitskreises „Politische Bildung" von den AK-Mitgliedern an ihren jeweiligen Schulen konzipiert und erprobt. Dabei wurde der Fokus auf den Distanz- bzw. Wechselunterricht gelegt. Die Stunden sind so konzipiert, dass sie z. B. im Fachunterricht Sozialkunde, Geschichte, Physik, Politik und Gesellschaft sowie Geographie gehalten werden können. Mit entsprechender Modifikation können die Stunden in allen weiterführenden Schularten sowie im Präsenzunterricht durchgeführt werden.

Unterrichtsvorschlag: Tschernobyl - 35. Jahrestag der Katastrophe

Schulart: Mittelschule, Realschule, Gymnasium, Wirtschaftsschule 

Jahrgangsstufen: ab 7, Dauer: 45 Minute 

In dieser Unterrichtsstunde setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit den Ereignissen in Tschernobyl vor 35 Jahren auseinander, sodass sie sich grundlegende Informationen dazu erarbeiten, auf die dann in weiteren Stunden zu dem Thema aufgebaut werden kann. Am Ende der Stunde steht den Schülerinnen und Schüler ein Quiz zur Verfügung, mit dem sie ihr Wissen überprüfen und festigen können.

Unterrichtsvorschlag: Die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland

Schulart: Mittelschule, Realschule, Gymnasium, Wirtschaftsschule 

Jahrgangsstufen: 9 - 12, Dauer: 90 Minuten

Ausgehend von einem Fimbeitrag aus der Sendereihe „Kontrovers" setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit den Protestbewegungen gegen die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf auseinander. In einer sich anschließenden Recherche vertiefen sie das Thema, in dem sie Informationen zu weiteren Anti-Atomkraft-Bewegungen recherchieren und u. a. über das Pro- und Contra dieser Form von Bürgerprotesten reflektieren.

Unterrichtsvorschlag: Der lange Schatten von Tschernobyl - der Reaktorunfall und seine Folgen

Schulart: Mittelschule, Realschule, Gymnasium, Wirtschaftsschule 

Jahrgangsstufen: 10 - 12, Dauer: 2- 3 Stunden

In dieser Stundensequenz setzen sich die Schülerinnen und Schüler v. a. mit den Folgen des Reaktorunfalls auseinander. Sie erkennen, dass bis heute selbst in einigen Regionen Bayerns die Strahlenbelastung noch messbar ist und wägen ab, welche politischen Kosequenzen sich darauf ableiten lassen können.

Unterrichtsvorschlag: Reaktorkatastrophe Techernobyl - Reaktionen von BRD und DDR: ein Vergleich

Schulart: Mittelschule, Realschule, Gymnasium, Wirtschaftsschule 

Jahrgangsstufen: 10 - 12, Dauer: max. 90 Minuten

Die Schülerinnen und Schüler vergleichen in dieser Unterrichtssequenz anhand von Zeitdokumenten die Berichterstattung der jeweiligen Systeme (BRD und DDR). Durch Recherchearbeit sollen sie sich dabei die Vorgehensweisen der damaligen Regierungen erschließen und sich darüber abschließend ein Urteil bilden.

Unterrichtsvorschlag: Tschernobyl heute - 35 Jahre nach der Katastrophe

Schulart: Mittelschule, Realschule, Gymnasium, Wirtschaftsschule 

Jahrgangsstufen: 9 - 10,  Dauer: 3 - 4 Stunden

In dieser Stundensequenz setzen sich die Schülerinnen und Schüler zunächst anhand von verschiedenen Videos damit auseinander, wie es heute in Tschernobyl aussieht und wie hoch die Strahlenbelastung dort heute immer noch ist. In einer Folgeaufgabe gehen Sie dem Phänomen des Katastrophentourismus nach und reflektieren diesen kritisch.

Stoffsammlung: Anregungen und Links zu Informationen und Materialien für den Unterricht

Das Themendossier der Bundeszentrale für politische Bildung sowie das Geschichtsdossier der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg bieten einen umfassenden Überblick über die Ereignisse und die Folgen der Katastrohe vom 26. April 1986 in Tschernobyl.

>> Zum Themendossier „Tschernobyl" der bpb

>> Zum Geschichtsdossier „Tschernobyl" der lpb Baden-Württemberg

Darüber hinaus bietet die Landeszentrale Baden-Württemberber außerdem ein umfassende Geschichtsdossier zu der Reaktorkatastrophe von Fukushima an. >> Mehr Informationen

Informationen zum Umgang mit der Katastrophe im alltäglichen Leben, den Reaktionen von BRD und DDR (z. B. Film „Wackersdorf“) sowie Tschernobyl und die Bedeutung für die Umweltbewegung („FFF“)
und einen Vergleich zwischen den Unfällen in Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 geben folgende Webseiten:

Hintergrundwissen deutsche Reaktionen auf Tschernobyl: https://www.planet-schule.de/wissenspool/tschernobyl/inhalt/hintergrund/deutsche-reaktionen-auf-tschernobyl.html

Tschernobyl - Die nukleare Katastrophe: https://www.youtube.com/watch?v=85kfYUMXH_M

1986: Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/225727/tschernobyl

Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl auf Deutschland: https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/tschernobyl/225086/auswirkungen-der-katastrophe-von-tschernobyl-auf-deutschland

Tschernobyl und die Stasi: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/225219/tschernobyl-und-die-stasi

Unter den folgenden Links finden sich Informationen zum Stand der Strahlenbelastung durch die damalige Katastrohe und den Umgang mit Tschernobyl in den letzen Jahren:

Radioaktive Belastung in Bayern aus der Sendereihe „Jetzt mal ehrlich" des BR: https://www.youtube.com/watch?v=cZAjGOH7tC0

33 Jahre nach Tschernobyl (ARD Tagesschau): https://www.youtube.com/watch?v=eZZDhM8IH0I

Tschernobyl – eine Reise zum strahlenden Sarkophag (ARD Tagesschau): https://www.youtube.com/watch?v=--GUc5Fhyw4

Tschernobyl: Facetten eines Erinnerungsortes
https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/tschernobyl/225025/tschernobyl-facetten-eines-erinnerungsortes

Das Unsichtbare sichtbar machen: https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/tschernobyl/224194/das-unsichtbare-sichtbar-machen

Radioaktive Belastung von Waldprodukten:
http://www.umweltinstitut.org/themen/radioaktivitaet/messungen/pilze-und-waldprodukte.html

Die Möglichkeit, Proben einzuschicken
Waldproduktmessungen der vergangenen Jahre einsehbar

 

Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet auf ihrer Webseite verschiedene Informationen rund um das Thema der Entsorgung von Atommüll, den Perspektiven von Atomkraft in Europa und mehr:

Auf Endlagersuche
https://www.bpb.de/mediathek/315815/27-000-kubikmeter-hoch-radioaktiver-muell-wohin-damit

Perspektiven der Atomkraft in Europa und global: https://www.bpb.de/politik/wirtschaft/energiepolitik/145776/perspektiven-der-atomkraft

Pro und Contra: Atomkraft
https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67359/pro-und-contra-atomkraft

Sowohl bei dem Unglück von Tschernobyl als auch dem von Fukushima wurden große Mengen radioaktiver Strahlungen freigesetzt, die negativen Einfluss auf die Umwelt nahmen und bis heute nachwirken. Besonders Tschernobyl erwies sich in seinem Ausmaß verheerend, da zu dem Unfall noch ein katastrophales Missmanagement hinzukam, das geprägt von Fehleinschätzungen und Vertuschungsversuchen war.
In Tschernobyl verteilte sich die Strahlung großräumig in der Umgebung. Insgesamt wurde ein Gebiet im Umfang von 150.000 km2 in Weißrussland, der Ukraine und Russland radioaktiv verseucht, wovon gut fünf Millionen Menschen betroffen waren. Die Evakuierung der direkt angrenzenden Bevölkerung erfolgte verspätet, zudem wurde die ukrainische Bevölkerung und auch das Ausland zunächst gar nicht und dann nur schleppend über die Katastrophe informiert. Da sich zudem eine Schadstoffwolke in Höhe von 1.500 Meter gebildet hatte, betraf das Ausmaß des Unfalls auch weite Teile Europas. Denn wechselnde Winde verteilten die Strahlenfracht in den folgenden Tagen über Ost- und Westeuropa sowie über Skandinavien. Die radioaktive Wolke zog bis zu tausende von Kilometern weit, bevor sie sich durch Regen auf den Boden übertrug und die dortigen Regionen radioaktiv belastete. Man geht davon aus, dass in ganz Europa zusätzlich ein Gebiet von 45.000 km2  durch Radioaktivität belastet wurde. Auch in Teilen von Bayern sind nach wie vor in einigen Gegenden bestimmte Pilz- und Wildarten noch immer stark mit Cäsium-137 belastet. (Vgl. dazu u. a. https://www.lfu.bayern.de/strahlung/tschernobyl_und_mehr/tschernobyl_bayern/index.htm)
 

Die Atomkatastrohen Tschernobyl und Fukushima wirkten sich in Deutschland aber auch in anderen Ländern auf Politik und Gesellschaft v.a. in einer zunehmenden kritischen Haltung gegenüber der Kernkraft aus. Sahen breite Teile der deutschen Bevölkerung in den 50er Jahren in der Atomenergie noch eine verlässliche, ungefährliche, dauerhaft anhaltende und universell einsetzbare Energiequelle, die von fossilen Brennstoffen wir Kohle und Öl unabhängig machte, erschütterte Tschernobyl und später Fukushima diese Wahrnehmung. Den Menschen wurde drastisch vor Augen geführt, welche Risiken mit dieser Form der Energiegewinnung einhergingen.
In Deutschland sowie in anderen westeuropäischen Staaten sowie den USA führte Tschernobyl dazu, dass der Ausbau der Kernenergie eingestellt oder zumindest reduziert wurde. Allerding hielten einige Länder, wie z. B. Frankreich, Japan sowie einige asiatische Länder am Ausbau der Kernenergie weiter fest.  
In Deutschland gab das Unglück aber der Anti-Atomkraft-Bewegung, die sich bereits in den 70er Jahren entwickelt hatte, einen kräftigen Aufwind, der sich politisch u. a. darin  zeigte, dass nach dem Unglück in Tschernobyl kein weiteres Atomkraftwerk (AKW) mehr gebaut wurde. Im Jahr 2000 beschloss zudem die damalige rot-grüne Bundesregierung den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie für 2025. Allerdings wurde dieses Vorhaben 2010 durch das Energiekonzept der zu diesem Zeitpunkt amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung rückgängig gemacht, sodass die Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke wieder verlängert wurde.
Das Unglück von Fukushima führte dann zu einer erneuten Kehrtwende in der deutschen Atomenergie. 2011 entschied sich die Bundesregierung somit zum Ausstieg aus der Atomenergie und ließ die sieben ältesten Atomkraftwerke vorsichtshalber schon einmal vom Netz nehmen und alle weiteren einer strengen Sicherheitsprüfung unterziehen. Derzeit sind noch sechs AKW am Netz, diese sollen gemäß dem Atomgesetz spätestens 2022 abgeschaltet werden.